Telegram-Sperrung: Google und Amazon ebenfalls betroffen

Michael Schäfer
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Telegram-Sperrung: Google und Amazon ebenfalls betroffen
Bild: LoboStudioHamburg | CC0 1.0

Die am vergangenen Freitag durch ein Moskauer Gericht angeordnete Sperrung des verschlüsselten Messengers Telegram trifft auch andere Unternehmen: Da der Betreiber Teile seiner Infrastruktur zu Cloud-Diensten von Google und Amazon ausgelagert hatte, sind auch diese teilweise nicht mehr zu erreichen.

Über 800.000 gesperrte IP-Adressen

Dies berichtet das Nachrichtenportal Meduza. Aufgrund der richterlichen Anordnung hatte die russische Medienaufsicht Roskomnadzor in den letzten Tagen damit begonnen, zahlreiche IP-Adressen, welche Telegram zugeordnet wurden, zu sperren. Bis Montagabend waren so alleine über 800.000 IP-Adressen, welche Amazon für die eigenen Cloud-Dienste nutzt, nicht mehr erreichbar.

Auch einheimische Anbieter betroffen

Durch die Sperrung wurden nicht nur die beiden Internetriesen in Mitleidenschaft gezogen, auch russische Dienste waren durch die Maßnahme nicht mehr oder zumindest nur schwer zu erreichen, darunter unter anderem Dienste wie die Kryptowährungs-Plattform Coinface oder der russische Chat-Dienst Viber. Coinface gab in einer Twitter-Meldung sogar an, dass die russische Medienaufsicht weit über zwei Millionen IP-Adressen gesperrt habe. Daneben soll es laut Nutzern auch Probleme mit Bezahlsystemen gegeben haben.

Telegram selbst soll derweil hingegen von der Sperrung kaum betroffen und weiterhin relativ stabil erreichbar sein.

Kreml warnt Nutzer

Darüber hinaus versucht die russische Regierung, Anwender an der weiteren Nutzung des Messengers zu hindern. So warnt der Kreml laut der Nachrichtenagentur TASS Nutzer, die erhobenen Sperren zu umgehen. So zitiert die Agentur den Kreml-Sprecher Dmitry Peskov mit der Warnung, dass die Sperrung kein „Spiel wie Verstecken oder Nachlaufen‟ wäre, und die Medienaufsicht die Anordnungen des Gerichtes weiter umsetzen werde. Dennoch sei es seiner Meinung nach zu früh, die Effektivität der angeordneten Maßnahmen beurteilen zu können.

Auch ausländische Portale betroffen

Gleichzeitig versucht die Regierung die Verbreitung der App selbst zu unterbinden. So darf aktuell auch nicht mehr die APK-Datei des Messengers verbreitet werden. Per APK-Datei lassen sich unter Android Apps manuell außerhalb des Play Stores installieren. Dies wurde auch der bekannten Seite APK-Mirror mitgeteilt: So soll diese von der Medienaufsicht aufgefordert worden sein, die Verbreitung der Installationsdatei einzustellen.

Das Portal ist sich derweilen über die weitere Vorgehensweise noch uneins: Auf der einen Seite sieht man keine rechtliche Handhabe seitens der Behörde über APK-Mirror, auf der anderen Seite möchte das Portal aber ungern ebenfalls gesperrt werden. Ein Nutzer kommentierte den Tweet damit, dass nahezu jeder Nutzer in Russland per VPN-Verbindung auf das Portal zugreifen könne. Zudem merkte er an, dass heute Telegram in den Fokus der Behörden gelangt wäre, morgen könnte es schon WhatsApp oder Facebook treffen – und fragte, ob APK-Mirror diese Apps dann ebenfalls löschen würde.

Langer Rechtsstreit vorausgegangen

Das Gerichtsverfahren mündete Ende des letzten Monats vor dem obersten Gerichtshof in Russland, bei welchem Telegram in einem Berufungsverfahren unterlag und 15 Tage Zeit erhielt, die nötigen Schlüssel zur Entschlüsselung der Nachrichten auszuhändigen. Dies machen 2016 in Russland verabschiedete Gesetze zur Terrorbekämpfung für Anbieter zur Pflicht. Da Telegram diese Schlüssel nach eigener Aussage nicht besitzen würde, konnten diese auch nicht an den russischen Geheimdienst FSB (Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation) übergeben werden.

Nachdem Telegram die genannte Frist hat verstreichen lassen, leitete die Medienaufsichtsbehörde entsprechende Schritte zur Sperrung ein, welche am vergangenen Freitag vollzogen wurden.

Nach Auffassung des FSB wird Telegram aufgrund der verschlüsselten Kommunikation auch von Terroristen eingesetzt. So soll der Messenger eine zentrale Rolle bei der Planung des Anschlags auf die Metro in St. Petersburg am 3. April 2017 gespielt haben.

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